Wort des Lebens - Januar 2016

Wenn Gott wirkt, vollbringt er große Taten. Kaum hatte er das Universum geschaffen, sah er, dass es „gut“ war. Und als er den Menschen gemacht und ihm die Schöpfung anvertraut hatte, war „alles sehr gut“.1  Doch was alles andere übertrifft, ist, dass Jesus mit seinem Tod und seiner Auferstehung eine neue Welt geschaffen und ein neues Volk ins Leben gerufen hat. Diesem Volk hat er das Leben des Himmels geschenkt: eine echte Geschwisterlichkeit, die im gegenseitigen Anteil nehmen und Anteil geben und in der wechselseitigen Hingabe besteht. Der Petrusbrief macht den ersten Christen klar, dass sie „ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk Gottes“2 geworden sind.

Wenn uns, wie den ersten Christinnen und Christen, wirklich klar wäre, wer wir sind und was die Barmherzigkeit Gottes alles in uns, unter uns und um uns bewirkt hat, würden wir nur so staunen. Wir würden platzen vor Freude und uns gedrängt fühlen, diese Freude mit allen zu teilen und ihnen „die großen Taten des Herrn zu verkündigen“.

Wenn man jedoch nur für sich lebt, ist es schwierig, ja praktisch unmöglich, Zeugnis abzulegen von der Schönheit des neuen Miteinanders, das Jesus ins Leben gerufen hat. So ist es nur logisch, dass sich die Einladung des Petrusbriefes an die ganze Gemeinschaft richtet. Wir können nicht einander ignorieren oder gar miteinander streiten und dann großspurig verkünden: „Der Herr hat ein neues Volk geschaffen, er hat uns von unserer Selbstbezogenheit, von Groll und Hass befreit und uns das Gebot der gegenseitigen Liebe gegeben, das uns ein Herz und eine Seele sein lässt.“ In unserem christlichen „Volk“ gibt es jedoch Unterschiede im Denken, in den Traditionen, in der Kultur, die es zu respektieren und in ihrer Vielfalt wertzuschätzen gilt. Denn Einheit bedeutet nicht Gleichförmigkeit.

Das wollen wir uns auch im Verlauf der Gebetswoche für die Einheit der Christen (18. bis 25. Januar) bewusst machen. Das „Wort des Lebens“ lädt uns dazu ein, uns als Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen besser kennenzulernen und uns gegenseitig von den „großen Taten des Herrn“ zu erzählen. Wenn wir bei aller Verschiedenheit untereinander eins sind und uns gegenseitig helfen und unterstützen, dann können wir auch vor anderen glaubhaft die Großtaten Gottes bezeugen.

Chiara Lubich hat uns mit Nachdruck zu diesem Weg ermutigt: „Die Liebe ist die mächtigste Kraft der Welt. Sie setzt im Umfeld der Menschen, die nach ihr leben, die friedliche christliche Revolution in Gang, sodass man von ihnen wie vor Jahrhunderten von den ersten Christen sagen kann: ‚Sie sind erst gestern geboren und schon in der ganzen Welt verbreitet.‘3 Alle Christen der verschiedenen Kirchen zusammengenommen sind insgesamt mehr als eine Milliarde; … daher müsste man uns eigentlich bemerken. Doch weil wir gespalten sind, nehmen viele uns überhaupt nicht wahr und können erst recht nicht durch uns Jesus entdecken. Er hat gesagt: ‚Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt‘ (Johannes 13,35). Auf diese Weise wird die Welt uns als die Seinen – und durch uns ihn – erkennen. Unsere Zeit verlangt von jedem von uns Liebe, Einheit, Gemeinschaft, Solidarität. Doch sie ruft auch die Kirchen auf, die seit Jahrhunderten zerstörte Einheit wiederherzustellen.“4

Fabio Ciardi

 

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1) vgl. Genesis 1,31; 2) 1 Petrus 2,9; 3) Vgl. Tertullian, Apologetikum 37,7; 4) aus: C. Lubich, Il dialogo è vita, Rom 2007

 

© Alle Rechte an der deutschen Übersetzung beim Verlag NEUE STADT, München

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