In München begann heute der langerwartete Kongress "Miteinander für Europa".
Mit diesem Slogan hatte das Netzwerk „Miteinander für Europa“ zur vierten internationalen Begegnung in die bayerische Landeshauptstadt eingeladen. Zentrales Anliegen der Veranstaltung ist es, in Zeiten der Krise und inneren Zerrissenheit des europäischen Kontinents ein klares öffentliches Zeichen für Versöhnung und Einheit unter den Christen zu setzen.
Dazu sind 1700 Teilnehmer aus 200 christlichen Gemeinschaften und Bewegungen und 40 Ländern für drei Tage in München zusammengekommen.
„Dieser Kongress kommt genau zur richtigen Zeit“, ist sich der evangelisch-lutherische Landesbischof von Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, sicher. Europa brauche neue geistliche Kraft, neue Integrations-Kraft, so der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands weiter. Anlässlich der Eröffnung des europäischen Kongresses im Cirkus-Krone-Bau in München unterstrich Bedford-Strohm, Europa brauche Christen unterschiedlicher Konfessionen, die ein „Zeugnis der Menschlichkeit“ ablegten.
Die Begegnung „Miteinander für Europa“ sei deshalb so wichtig, weil sie genau danach frage, „wie können wir als Christen die Empathie erneuern, die dieser Kontinent so dringend braucht? Wie können wir die Gedankenlosigkeit, die Achtlosigkeit, das Abstumpfen gegenüber dem Leid des Ertrinkens so vieler Menschen im Mittelmeer überwinden?“ Die Botschaft des christlichen Glaubens sei für viele Menschen in die Ferne gerückt, führte Bedford-Strohm weiter aus. Da sei es von ganz entscheidender Bedeutung, nicht an „Konfessions-Linien“ zu agieren, sondern ein starkes gemeinsames ökumenisches Zeugnis für die Welt abzulegen.
Gerhard Proß, Gründungs-Mitglied und Sprecher des deutschen Koordinationsteams der Initiative „Miteinander für Europa“, blickt auf eine spannende Zeit zurück. „Manchmal dachte ich, das Miteinander von Evangelischen und Katholiken ist ein Kinderspiel im Vergleich zum Miteinander von Deutschen und Italienern“. Dieses Sich-Einlassen auf kulturelle Unterschiede, auf die Denke des Anderen, so Proß am ersten Tag des Europa-Kongresses, habe das Miteinander erst möglich gemacht. „Einheit ja. Aber nicht Gleichmacherei. Wir ebnen nicht ein. Wir führen im Herzen zusammen. Und dann wird klar, dass das Andersartige nicht Bedrohung ist, sondern Bereicherung sein kann.“
Proß betonte, dass die 15-jährige Erfahrung der christlichen Gemeinschaften und Bewegungen im „tiefen Prozess der Versöhnung hin zu einer Gemeinschaft, in der Verschiedenheit als Bereicherung erlebt wird“, die Gemeinschaften befähige, den Fliehkräften in Europa einen Weg zu einem neuen Miteinander entgegen zu setzen.
Kardinal Reinhard Marx und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm gaben ein überzeugendes Beispiel ihrer Freundschaft und ihres gemeinsamen Weges. Die Ökumene der Herzen verspreche viel mehr für die Zukunft der Kirchen als man denke, sagte der Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Das Ziel der Einheit erreiche man nur, wenn man sich ganz und gar versöhne, unterstrich Kardinal Marx. Die Kraft dazu ergebe sich aus der Begegnung: „Der Andere macht uns stark und hilft uns auf dem Weg zur Versöhnung“.
Auch Maria Voce, Fokolar-Präsidentin und Mitglied des Internationalen Leitungsteams von „Miteinander für Europa“, äußert sich entsprechend: „Wir haben entdeckt, dass wir mehr Durchschlagskraft haben, wenn wir in unserer Unterschiedlichkeit zusammenarbeiten.“ Sie erinnerte an die Stuttgarter Abschluss-Erklärung von 2007. Dort hatte sich die Initiative „Miteinander für Europa“ unter anderem zu einem „Ja zum Leben“, zur Bewahrung der Schöpfung und zu einer fairen und gerechten Welt-Wirtschafts-Ordnung bekannt.
Voce sieht die Hauptaufgabe des internationalen christlichen Netzwerkes darin, die Kräfte zu unterstützen, die sich für mehr Verständnis und Einheit in Europa stark machen. „Wir möchten eine Gemeinschaft sein, die für etwas nützlich ist.“
Nach einem intensiven Vormittag im Plenum boten am Nachmittag thematisch sehr unterschiedliche Foren den Teilnehmern Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen, darin Berichte über Projekte und Initiativen einzelner Gemeinschaften, aber auch persönliche Glaubenszeugnisse. Um die „Stolpersteine“ in der Ökumene ging es in einem gut besuchten Forum, in dem sich auch Kardinal Kasper, ehemaliger Präsident des katholischen Ökumene-Sekretariats einbrachte. „In Lernerfahrungen und Vergebungserfahrungen seid Ihr ein wichtiger Vorposten!“ sagte der Ökumene-Experte und stellte in Aussicht, dass es in absehbarer Zeit eine Erklärung geben könnte zu übereinstimmenden Lehrmeinungen zwischen evangelisch-lutherischer und katholischer Kirche zu den Themen Kirche, Amt und Eucharistieverständnis.
Ein anderes Forum beleuchtete das nicht immer spannungsfreie Verhältnis zwischen den institutionalisierten Kirchen und Bewegungen und Gemeinschaften. „Sie können in den Kirchengemeinden Übersetzungsdienste leisten, denn Sie kennen die Sprache der Welt und die Glaubenssprache der Kirche, unterstrich dabei Kirchenrat Franz Zeeb.
Der Kongress geht am Freitag weiter, dann mit einem aktuellen Blick auf Europa. Am Samstag findet die große öffentliche Kundgebung auf dem Stachus in München statt.