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Gottsucher zwischen Mystik und Missbrauch

Online-Kongress über die Frage der schwindenden Gottesgewissheit

Am Ende waren es etwa 350 Personen, die sich zum Kongress „Was und wie, wenn ohne Gott“ online zugeschaltet haben. Es war ein kritisches Reflektieren und bisweilen auch eine bange Vergewisserung dessen, was heute noch Grund gibt, am Glauben an Gott festzuhalten in einer Zeit, in der seine Bedeutung in der Welt zu schwinden scheint. Gleichzeitig ließen sich Referierende und Teilnehmende auf eine gemeinsame Suche danach ein, welche Impulse von Mystikerinnen und geistlich inspirierten Menschen der Gegenwart wie der vergangenen Jahrhunderte Gottsuchende und Gottglaubende in ihrer Verankerung im Glauben stärken könnten.

 

Der zweite Tag stand unter der Kernfrage: „Gott verschwindet, und will das auch?“ und wurde durch Prof. Dr. Stefan Tobler eröffnet, der an der Universität von Hermannstadt in Rumänien lehrt. Er stellte drei Frauen vor als „den Widerhall dieser Abwesenheit Gottes“, die den Rückzug Gottes in ihrem geistlichen Leben schmerzhaft durchlebt haben: Madeleine Delbrêl, Mutter Teresa und Chiara Lubich. Tobler beschrieb, wie diese Frauen selbst durchlebt haben, was sie mit anderen Gottsuchenden zutiefst verbindet: die Dunkelheit der Gottferne. Von Mutter Teresa sagte er: „Sie gab weiter, was sie selbst schon längst nicht mehr spürte. Nicht aus der Fülle, sondern aus der Leere teilte sie aus.“ Die Erkenntnis aus den mystischen Zeugnissen der drei Frauen beschrieb er so: „Gott lässt sich inmitten der Menschheit gerade dort finden, wo er am weitesten entfernt scheint. Es geht nicht darum, ihn irgendwohin zu bringen, sondern ihn zu entdecken mitten in der Welt.“

Prof. Dr. Julia Knop legte mit ihrem Vortrag über die Kirche als Hindernis des Gottesglaubens den Finger in eine schmerzhafte Wunde und ging der Frage nach, ob die Verfehlungen und verschiedenen Formen von Missbrauch nicht inzwischen massives Hindernis zum Glauben sind. Die Frage der Kirchenkrise sei mit der Frage der Glaubenskrise eng verknüpft. Im anschließenden Gespräch mit den Teilnehmenden machte sie Mut: „Es wächst eine neue geistliche Souveränität. Dieses Gespür sollten wir wertschätzen!“

Der tschechische Religionsphilosoph Tomáš Halík beschloss dann die Serie von inhaltlichen Impulsen des Kongresses und ging der Frage nach: Kann man heute noch zeitgemäß an Gott glauben? Er kommt zu dem Schluss, dass die Säkularisierung kein unumkehrbarer Prozess sei: „Die Nächstenliebe zeigt uns, wie wir diese Nähe Gottes erleben können.“ Es brauche die existentielle Zustimmung, dass Gott ist und „dann zählt die Bereitschaft, Liebe zu lernen“.

 

 

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