Immer vorwärts!
Am 28. November ist der lutherische Bischof Christian Krause, ehemaliger Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), verstorben. Eine Würdigung von Bischof Brendan Leahy, Moderator der mit der Fokolar-Bewegung befreundeten Bischöfe.
Die Nachricht vom Tod von Bischof Christian Krause erreichte mich zu Beginn einer Zoom-Konferenz mit Bischöfen aus verschiedenen Kirchen, die mit der Fokolar-Bewegung befreundet sind. Bischof Christian Krause war über viele Jahre hinweg deren treuer Begleiter. Wir wussten seit einiger Zeit, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert hatte, und wir waren ihm im Gebet verbunden. So war es ganz natürlich, auch in diesem Moment gemeinsam das „Vaterunser“ zu beten und Gott für die prophetische und ermutigende Präsenz von Bischof Krause in unserer Mitte zu danken. Er war ein Mann mit einem großen Herzen und einem weiten Horizont.
Die "bunten Bischöfe"
Während ich schreibe, habe ich ein Foto vor mir, das Kardinal Miloslav Vlk von Prag (Tschechische Republik), Kardinal Francis Xavier Kriengsak von Bangkok (Thailand), Mor Theophilose Kuriakose von der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Malankara (Indien), mich, einen Katholiken, und Bischof Christian Krause zeigt, wie wir in unseren liturgischen Gewändern Richtung Stadtzentrum von Lund (Schweden) gehen. Wir waren auf dem Weg zu den Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Reformation. Zum ersten Mal hatten bei dieser Begegnung, die vom Lutherischen Weltbund (LWB) ausgerichtet wurde und bei der auch Papst Franziskus anwesend war, Katholiken und Lutheraner auf globaler Ebene gemeinsam der Reformation gedacht.
Das Foto erinnert mich an die Sympathie, mit der Christian Krause die Bischöfe der verschiedenen Kirchen, die mit der Fokolar-Bewegung befreundet sind, als „bunte Bischöfe“ bezeichnete. Er war begeistert von der Erfahrung der Vielfalt und Verschiedenheit in der Einheit, inspiriert vom Charisma und der Spiritualität der Einheit und unterstützt von der Fokolar-Bewegung; eine Bewegung, deren vorwiegend laikale Prägung er immer wieder hervorhob. Unsere farbenfrohen Gewänder waren ein äußeres Zeichen, das auf den Reichtum der Gaben hinwies, den wir im Dialog des Lebens erfahren haben; einen Dialog, den Bischof Klaus Hemmerle und Chiara Lubich mit der Ermutigung von Papst Johannes Paul II. bereits initiiert haben.
Horizonte öffnen
Als ich 2013 Bischof wurde, kam ich anlässlich der Begegnungen der mit der Fokolar-Bewegung befreundeten Bischöfe in regelmäßigen Kontakt mit Bischof Krause. Im Anschluss an das Reformationsgedenken in Lund trafen wir uns monatlich zu Videokonferenzen. Die Begegnungen mit Christian Krause weiteten jedes Mal unseren Horizont, denn er sah die Dinge gerne im großen Zusammenhang. Sein Sinn für Humor zeigte sich im Funkeln in seinen Augen und seinem freundlichen Lächeln.
Bischof Krause war ein leidenschaftlicher Verfechter der Kirche, der Einheit der Kirche und der Notwendigkeit, vorwärtszugehen. Für ihn war das Leben nicht dazu da, stillzustehen. Wenn wir die Zukunft verbessern wollen, müssen wir bereit sein, die Gegenwart in Frage zu stellen! Mit Blick auf die der Fokolar-Bewegung befreundeten Bischöfe forderte Christian Krause uns auf, den Kreis zu erweitern und uns dafür einzusetzen, dass Kreise des lebendigen Dialogs zwischen Bischöfen verschiedener Kirchen im globalen Süden entstehen. Er war sehr erfreut, als im September 2021, mitten in der Pandemie, ein Online-Treffen mit 180 Bischöfen aus 70 Kirchen der Welt stattfinden konnte – eine wunderbare dreitägige Begegnung.
Lichtblicke der Hoffnung
Vor kurzem besuchte ich Bischof Krause in dem Hospiz, in dem er die letzten Wochen seines Lebens verbracht hat. Es war ein Gespräch, an das ich mich noch lange erinnern werde. Er erzählte mir von seiner Dankbarkeit für die Begegnung mit dem Charisma der Fokolar-Bewegung und von der Unterstützung und Freundschaft, die er erfahren hatte. Aufgewachsen in der Tradition der pietistischen Erweckungsbewegung, entsprach die Begegnung mit der Fokolar-Bewegung seiner Überzeugung, dass es ohne Frömmigkeit und Spiritualität nicht geht.
Er verhehlte nicht sein Bedauern darüber, dass die Welt zuweilen die visionäre Dynamik der 1960er-Jahre verloren zu haben schien. Schmerzlich war es für ihn auch, dass er in der katholischen Kirche immer noch nicht die Kommunion empfangen durfte.
Er erzählte mir von einem Ereignis in den 1990er-Jahren, als Chiara Lubich erkrankt war. Während eines Treffens lud Kardinal Miloslav Vlk ihn ein, an einem Telefonat mit Chiara Lubich teilzunehmen. Um das Gespräch nicht zu lang werden zu lassen, fragte Bischof Krause Chiara Lubich einfach nur: „Hast du ein Wort für uns?“ Sie antwortete ohne zu zögern: „Immer vorwärts!“ Das war fortan der Impuls, den uns Christian Krause immer wieder mit auf den Weg gab.
Als er mit mir über seine Vorbereitung auf den Tod sprach, offenbarte er seinen starken Glauben, der es ihm erlaubte, mit Hoffnung auf die Zukunft und auch auf den Tod zu blicken. Er teilte mit mir das Gebet aus einem bekannten Gedicht von Dietrich Bonhoeffer mit, das ihn in dieser letzten Zeit inspirierte: „Von guten Mächten wunderbar getragen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und gewiss an jedem neuen Tag.“
Brendan Leahy - Bischof von Limerick (Irland)