Sauerteig in der Kirche sein
100 Ordenschristen und Mitglieder verschiedener geistlicher Gemeinschaften aus 50 verschiedenen Orden und Gemeinschaften kamen vom 1. bis 5. Juli 2019 in Ottmaring (bei Augsburg) zusammen.
Die deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) und die Vereinigung der „Ordensgemeinschaften Österreich“ waren bereits in die Vorbereitung involviert. Die Teilnehmenden kamen aus sechs verschiedenen Ländern (D, A, CH, I, S, B).
„Diese Begegnung ist für mich ein interessanter Weg des Dialogs unter den historischen und neuen Charismen und kann die Asche von der Glut wegfegen“, begann Kardinal João Braz de Aviz, Präfekt der Ordenskongregation in Rom, sein Einführungsreferat. „Hier sieht man: Die Verschiedenheit nimmt der Einheit nichts, sie macht sie stärker! Wir müssen Beziehungen der gegenseitigen Liebe unter uns aufbauen und gemeinsam bezeugen, dass wir Jesu Jünger sind.“
Die Überalterung der Orden, der Mangel an neuen Berufungen, die verschiedenen Formen des Missbrauchs forderten die Gemeinschaften heraus. Jetzt gelte es, vieles auf den Prüfstand zu stellen und miteinander neue Wege zu gehen: ob in der Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Männern und Frauen, dem Verständnis von Autorität oder der Zeugniskraft von Spiritualität im Bereich von Wirtschaft und Finanzen.
Sr. Katharina Kluitmann, Vorsitzende der Deutschen Ordensobernkonferenz betonte die wichtige Funktion, die ein Miteinander der Orden in der Kirche habe: „Ich bin überzeugt, dass wir, die wir verschiedene Formen von Gemeinschaft leben, eine wichtige Sauerteigfunktion für die Kirche haben.“ Projekte in gemeinsamer Trägerschaft verschiedener Gemeinschaften könnten eine ganz neue Zeugniskraft entwickeln. Deutlich macht Kluitmann das am Beispiel einer möglichen gemeinsamen Hochschule der Orden, die in Berlin angedacht ist: Die einen könnten Lehrkräfte stellen, die anderen Häusern, die dritten geistliche Begleitung, die vierten vielleicht Geld… Im Laufe der Tage wurden diese möglichen Kooperationen immer wieder Thema – auch über die Konfessionsgrenzen hinaus.
Der Nachmittag stand dann unter dem Thema „Beten als Resonanzerfahrung“ mit einem sehr persönlichen und geistlich tiefen Beitrag des bekannten Geigenbauers und Autors Martin Schleske. „Der Glaube muss nicht groß sein, es reicht, dass wir anfangen, ihn einzusetzen“, machte er den Anwesenden Mut. Er erlebe eine ungeheure Sehnsucht nach Gott in den Menschen, auch wenn sie mit Kirche oft nichts anfangen könnten. Auch aus Scheitern und Irrtum könne immer wieder Neues entstehen, wichtig sei, sich immer wieder in die Haltung des Hörenden und Lernenden zu begeben: „Es ist nicht schlimm, ein Anfänger zu sein, denn das bedeutet ja, etwas anzufangen. Nur mit Anfängern kann der Himmel etwas anfangen“.
Neben einem Coreferat einer evangelischen und einer katholischen Fokolarin zum Thema „Der Heilige Geist und die Kirche“ öffnete dann Metropolit Serafim Joantă, rum. orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa die ökumenische Dimension auf die orthodoxe Spiritualität hin. In seinen Ausführungen wurde deutlich, dass die Orthodoxie sehr viel mehr herz- als kopfgeprägt ist: „Theologische Konzepte über Gott sind wichtig, aber wir dürfen ihn nicht in solche Denkmodelle einsperren. Die orthodoxe Spiritualität konzentriert sich auf das Herz, der Verstand ist eine Energie des Herzens, er muss durch das Gebet ins Herz hinabsteigen.“
Ein weiteres wichtiges Gesicht der ökumenischen Ausweitung war Georges Lemopoulos, ehemaliger stellvertretender Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) aus Genf. Er gab Einblick in die Arbeit des internationalen Gremiums, dem über 350 verschiedene kirchliche und konfessionell verschiedene Gemeinschaften angehören und zeigte am Beispiel von einigen Abbildungen von Pfingst-Ikonen Wesenszüge der ökumenischen Arbeit auf: Das Verwurzeltsein in der Kirche, die Gegenwart von Christus, der seinen Platz in der Mitte hat, das gemeinsame Herabrufen des Hl. Geistes und die Freude an der Vielfalt, die Offenheit für die Gaben aller und für die gesamte Welt.
Frank Lille, von Seiten der EKD verantwortlich für die geistlichen Gemeinschaften, beschrieb am Ende seine positive Erfahrung: „Ich habe mich hier sehr offen und herzlich aufgenommen gefühlt, habe keine Fremdheit empfunden. Ich würde mich freuen, wenn sich der Kreis auch noch mehr öffnet für Gemeinschaften aus anderen Traditionen und Konfessionen.“